So können Unternehmen die Aufregung um die neue Plattform für sich nutzen
Hören Sie schon oder werden Sie sogar bereits gehört? In den letzten Tagen gab es einen regelrechten Hype um die auf dem deutschen Market noch neue App Clubhouse, eine Art interaktiver Podcast. Wir fassen für Sie zusammen, worum es dabei eigentlich geht und welche Chancen sich für kleine und mittlere Unternehmen gerade jetzt bieten.
Was ist Clubhouse genau und was sind die Spielregeln?
Clubhouse ist die Beta-Version einer reinen Audio-Plattform, bei der Nutzer*innen als Publikum einer Art Podiumsdiskussion in einzelnen Räumen zuhören oder selbst aktiv sprechen können. In der Rolle des Speakers sind Nutzer*innen, die etwas sagen können, wenn Sie das Mikrofon einschalten. Einen Gesprächsraum zu einem Thema eröffnen kann jede Person und bestimmt dabei, ob er „öffentlich“ für alle Nutzer*innen der App oder nur einem begrenzten Teilnehmer*innenkreis zugänglich ist. Wer aus seiner Rolle des passiven Zuhörens in einem Raum heraus etwas sagen möchte, hebt virtuell seine Hand. Ein oder mehrere Moderator*innen im Raum können einem dann das Wort erteilen. Es gibt keine Likes oder Kommentare.
Einfach anmelden geht (noch) nicht
Zuerst einmal ist die App voerst nur für Nutzer*innen eines iOS-Geräts verfügbar. Bisher führt ein „exklusives Einladungssystem“ zu einer weiteren, gewollten Verknappung der Nutzerschaft. Man benötigt die persönliche Einladung eines Users über die eigene Mobilfunknummer. Wird man eingeladen, lädt man sich die App einfach im Apple Store herunter. Ist man erfolgreich auf der Plattform registriert, erhält man zunächst 2 „Invites“, die man als Einladung zur Nutzung an andere Interessierte weitergeben kann. Kennt man keinen, der einen einladen kann, kann man sich aktuell mit seinem Wunschnutzernamen auch auf einer Warteliste registrieren. Langfristig soll die App aber auch für alle Interessent*innen zugänglich gemacht werden.
Gute Idee, bestes Timing
Die dunkle Jahreszeit und hierzulande gerade drastischen Corona-Einschränkungen spielen den Machern in die Hände: Von überall aus virtuellen Reden, Diskussionen und Konferenzen zu Themen folgen zu können, die einen wirklich fesseln und damit wieder „Teil“ von etwas Kollektivem zu sein, hat natürlich seinen Reiz. Viele User können gerade viel Zeit für noch mehr Medienkonsum aufbringen. Und das alles bisher völlig kostenfrei und auf den ersten Blick bedingungslos. Noch bleibt die Frage offen, wie sich das Netzwerk in seiner bisherigen Unabhängigkeit langfristig finanzieren und entwickeln wird.
Soll man da jetzt mitmachen? Die aktuellen Vorteile:
Ja, wenn man als sog. First Mover gerne Neues ausprobiert und es das eigene Zeitmanagement zulässt, einen zusätzlichen Kanal zu bedienen. Wer mitreden will, ein spannendes neues (Geschäfts-) Netzwerk aufbauen – und das Wissen zahlreicher Experten und Koryphäen auf ihren Gebieten für sich und das eigene Unternehmen nutzen möchte, ist hier gerade goldrichtig. Egal ob im Bereich Produktinnovationen & Technik, Unternehmensgründung oder -Führung, Marketing und Social Media – viele bekannte Fachleute und Influencer*innen nutzen die Gunst der Stunde und teilen jetzt gerade eifrig ihre Themen und Erfahrungen. Wenn Sie als Unternehmer*in selbst Gespräche zu Ihren Fachthemen eröffnen und damit erfolgreich Leads generieren wollen, sollten Sie eine aktive Gemeinschaft über ihre anderen Kommunikationskanäle (z.B. Social Media) aktivieren, damit sie sich regelmäßig bei Ihnen einloggt. Die Lösung dafür ist exklusiver Audio-Content, den es in dieser Form nur auf Clubhouse von Ihnen gibt.
Tipp: Wenn Sie z.B. sowieso schon länger überlegen einen Podcast zu machen und es Ihnen bislang an Zeit und Technik – nicht aber an Themen – mangelte, können Sie hier erste Erfahrungen sammeln. All Ihre Vorteile auf einen Blick:
Als Unternehmer*in nutzen Sie jetzt…
- …einen First Mover-Vorteil innerhalb Ihrer Branche und gegenüber Ihrer direkten Konkurrenz
- … in der Pandemie einen (zusätzlichen) Kommunikationskanal für Audio-Content, der Ihre Expertise hervorhebt
- … eine bislang kostenlose Wissens- und Erfahrungsquelle durch den direkten Austausch mit (potentiellen) Geschäfts-Partner*innen, Kund*innen und potentiellen Bewerber*innen
- … die App zur eigenen Marktforschung: Egal ob Sie nur still zuhören oder in den direkten Dialog mit Ihren Zielgruppen gehen, Sie können ganz auf Ihre Art von neuen Erkenntnissen zu ihren Wünschen und Bedürfnissen profitieren
- … das Wissen von (eigenen) Vorbildern und Influencern für Ihre Ideen
- … die Unabhängigkeit von viel Technik durch den alleinigen Gebrauch Ihres Smartphones und eine maximal intuitive Bedienoberfläche – wann und wo immer Sie mögen
Was spricht dagegen?
Bei aller Euphorie: Die App hat auch schon viel Kritik einstecken müssen. Zum einen ist sie nicht barrierefrei und legt noch keine Lösung für gehörlose Personen vor. Außerdem gibt es neben offenen Datenschutzfragen auch massive Kritik an mangelnder Diversität und der Kontrolle von bekanntermaßen streitbaren Usern und Inhalten der Live-Streaming-Gespräche. So gibt es schon jetzt zahlreiche Beschwerden über Rassismus, Antisemitismus, Gewalt und Frauenfeindlichkeit. Clubhouse lenkte bereits ein und will über eigene Verhaltensrichtlinien künftig versuchen, sog. „Hate-Speeches“ stärker zu verhindern.
Die kritischen Aspekte:
- Viele Details zum Thema Datenschutz sind unklar: Wenn Sie z.B. Freunde einladen wollen, müssen Sie der App Zugriff auf Ihr gesamtes Adressbuch und damit auch auf Daten Dritter geben. Außerdem werden Gespräche vom Anbieter (verschlüsselt) aufgezeichnet und die User treten ihre eigenen Rechte auf die veröffentlichte Audio-Inhalte ab.
- Der Live-Streaming-Charakter erhöht das Missbrauchsrisiko, da Speaker und Inhalte nur verzögert durch den Anbieter kontrolliert und geahndet werden können.
- Der vergleichsweise hohe Zeitaufwand: Man surft oder scrollt nicht durch kurze Infohappen wie auf anderen Plattformen. Hier müssen Sie sich auf Redner*innen einlassen und längere Zeit aktiv zuhören können.
- Die Angst, etwas zu verpassen (engl. „Fear of missing out“, kurz „FOMO“): Gerade jetzt boomen die angebotenen Inhalte. Andauernde Benachrichtigungen zu neuen spannenden Talks und der eigene Wunsch, unbedingt und möglichst überall dabei sein zu wollen, kann auch stressen.
Fazit: Clubhouse eignet sich für Unternehmen, die sich jetzt als Pioniere der eigenen Zunft positionieren wollen, ein neues Spielfeld ausprobieren, oder den bestehenden Kommunikationsmix durch persönliche Audio-Inhalte sinnvoll ergänzen wollen. Nach den Erfahrungen aus dem englischsprachigen Raum wird der erste User-Ansturm auch hierzulande wieder abflauen: Hiermit ist allerspätestens im Frühling bzw. größeren Lockerungen der Kontakt-Beschränkungen zu rechnen. Darüber hinaus bleibt zu beobachten, ob und wie die App mittel- und langfristig Lösungen für die kritischen Punkte anbietet, die viele User abschreckt und aktiv ausgrenzt.